Mein Name ist Dennis Nötzel – ich bin seit 2004 Mitglied der Kampfkunstabteilung und seit einem Jahr Träger des Schwarzgurtes im Shorin Ryu Kempo Stil des Kempokan. Aus diesem Anlass möchte ich kurz meinen Weg zum Schwarzgurt darstellen.
Mit der Kampfkunst habe ich im Alter von zehn Jahren bei Catrin Schmidt-Herzog angefangen. Genauer gesagt hat mich mein Vater in die Kampfkunstschule Kempokan gebracht, überzeugt davon, dass mir das Training gut tun wird. Ich erinnere mich nur lückenhaft an die Anfangsphase, aber ich weiß noch, dass ich die Überzeugung meines Vaters nicht ganz teilte. Recht bald stellte ich allerdings fest, dass mir der Kampfkunstunterricht doch Freude bereitet und mein Wohlbefinden steigert – Ich wurde aufgeschlossener, selbstbewusster und natürlich auch körperlich fitter. Ebenfalls freundete ich mich mit einigen Mitschülern an und so motivierten wir uns gegenseitig ins und im Training. Das Üben der Kampfkunst unter Catrins Anleitung hat in mir eine kleine und dennoch starke Flamme für das Kempokan entfacht. Das regelmäßige Training und die absolvierten Gürtelprüfungen nährten weiter meine Flamme und so wurde diese größer, unwissend was mich noch alles erwarten wird.
Im Alter von 15 Jahren übernahm dann Sensei Thomas Schmidt-Herzog unseren Unterricht. Da das Lernen der Kampfkunst unter Sensei harte Arbeit und große Hingabe verlangt, erschien es mir damals quasi unmöglich das Level eines hohen Gurtes, geschweige denn den eines Schwarzgurtes, zu erreichen. Gerade der Wechsel in die Erwachsenengruppe machte mir deutlich, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe und übte mich so in Demut. Ernüchtert und zugleich angespornt von dem hohen Anspruch an die Gürtelprüfungen, setzte ich mir damals tatsächlich den grünen Gürtel als erreichbares Ziel (der Grüngurt reiht sich mittig im Spektrum der Gürtelfarben wie folgt ein: Gelb – Orange – Grün – Blau – Braun – Schwarz).
Doch die Kampfkunst hatte da einen anderen Plan für mich in der Hinterhand. So vergingen Tag für Tag, Monat für Monat, und Jahr für Jahr. Schließlich war es so weit und meine Hüfte zierte ein Braungurt. Am selbstgesetzten Ziel vorbeigeschossen könnte man fast schon sagen… Doch nun? War es das etwa? Die Kampfkunst hat etwas in mir geweckt, von dem ich gar nicht wusste, dass es in mir schlummert – eine unvergleichliche und brennende Leidenschaft für eine bestimmte Sache. Gleichzeitig hat die Lehre des Kempokan mir auch etwas Unvergleichbares gegeben – einen Weg. Zusätzlich zum körperlichen Training bietet die Lehre des Kempokan nämlich einen philosophischen Weg, auf Japanisch „Do“ genannt, der gegangen werden will.
Tatsächlich habe ich mich zu einem gewissen Zeitpunkt nach der Braungurtprüfung, an dem ich mich körperlich sehr fit und stark fühlte, quasi unbesiegbar, an meinem eigenen Feuer verbrannt. Ich wurde krank und musste für fast ein Jahr mit dem Kempo-Training aussetzen. Zuerst erschien mir das als großes Unglück und als ein unüberwindbares Hindernis für mein Kampfkunsttraining. Doch genau das ebnete mir erst den Weg für die inneren Kampfkünste. Ich habe bei Sensei mit dem Taijiquan/Qigong angefangen, um meine Gesundheit zu steigern, und erhielt im Zuge dessen ebenfalls Zugang zur Meditation. So ging ich gestärkt aus dieser Krise hervor und konnte diese Erfahrung, und den damit verbundenen Änderungen in mir, in mein wiederaufgenommenes Kempo-Training integrieren. Verbrannt an der eigenen Flamme, lernte ich diese so zu kontrollieren.
Danach trainierte ich erstmals ohne die Absicht den Schwarzgurt zu erhalten, sondern eher meine körperliche Fitness wieder zu erlangen und zu steigern. Doch irgendwann spürte ich ein fast schon plötzliches und wachsendes Verlangen nach diesem Gurt, aber er blieb mir verwehrt. Ich war noch nicht so weit. Im Gegensatz zu den Farbgurten, die man nach erfolgreicher Gürtelprüfung tragen darf und muss, wird der Schwarzgurt im Kempokan traditionell ohne Prüfung verliehen.
Nachdem etwa vier Jahre als Braungurt vergangen waren, wurde das Verlangen nach dem Schwarzgurt wieder leiser, bis es kaum noch zu hören war. Die dadurch einkehrende innere Ruhe erlaubte mir, mich noch intensiver auf mein eigenes Training zu konzentrieren. Ich erkannte, dass ich in dieser Reifezeit etwas viel Wertvolleres als irgendwelche Titel oder Auszeichnungen erhalten habe. Ich bin bei mir selbst angekommen und das reine Lernen und Üben der Kampfkunst genügt mir. Ich fühle mich befreit von dem Gedanken den Schwarzgurt erhalten zu müssen. Diese Veränderung in mir hat Sensei nicht nur erkannt, sondern sie dann auch – was ich tatsächlich gar nicht zu dem Zeitpunkt erwartet habe – durch die Verleihung des Schwarzgurtes anerkannt.
Den Erhalt des Schwarzgurtes oder besser das Werden zum Schwarzgurt (den kann sich ja jeder einfach so kaufen) verstehe ich jetzt nicht mehr als ein Ziel, sondern es ist eigentlich die Anerkennung dafür, dass man eine aufrichtige Haltung gegenüber dem Weg entwickelt hat. Wie heißt es so schön – „Der Weg ist das Ziel“. So ist der Schwarzgurt eine Hürde, die die eigene Hingabe zum Weg prüft, markiert aber gleichzeitig den Anfang einer neuen Phase in der Kampfkunst. Das Tragen des Schwarzgurtes ist aber auch mit hohen Ansprüchen an einen selbst verbunden und stellt somit eine Herausforderung für sich dar, in die ich noch hineinwachsen muss. Diese und weitere Aufgaben, welche sich dahinter verbergen, nehme ich dankbar und demütig an, und gehe meinen Weg.
Dennis Nötzel